Um den Versicherungsnehmer interessengerecht beraten zu können, ist der Versicherungsmakler verpflichtet, erforderliche Informationen einzuholen, um für das angefragte Risiko eine passende Deckung zu konzipieren. Das Oberlandesgericht Hamm unterstrich diese Verpflichtungen in seinem Urteil vom 30. 04.2012 (Az.: I-18 U 141/06). Zu den Pflichten des Versicherungsmaklers gehöre unter anderem die Deckungsanalyse, das heißt die Ermittlung der richtigen Versicherungsart und der bedarfsgerechten Versicherungssumme. Er hat dabei den individuellen, für das Objekt passenden Versicherungsschutz zu besorgen, wobei er das zu versichernde Risiko von sich aus untersuchen und das Objekt prüfen müsse.
Beauftragt der Versicherungsnehmer den Versicherungsmakler mit der Beschaffung einer Versicherung für den Umbau eines Bauwerkes, so ist davon auszugehen, dass der Versicherungsnehmer eine Beratung wünsche, wie die Umbaumaßnahme durch Versicherungen bestmöglich abgesichert werden können. Dies schließt die Verpflichtung des Versicherungsmaklers ein, die bestehende Vorversicherung zu überprüfen, ob diese das Risiko im Falle einer Zerstörung vollständig abdeckt. Kann der Versicherungsmakler diese Überprüfung nicht vornehmen, so ist er gehalten, einen Baufachmann zur Überprüfung hinzuzuziehen.
BGH-Urteil zu Betreuungspflichten
Ob den Versicherungsmakler darüber hinausgehende Pflichten – etwa die Pflicht zur weiteren Betreuung des vermittelten Vertrages oder die Betreuung von übertragenen Verträgen – treffen können, ist der Entscheidung des BGH vom 14.01.2016 zu entnehmen. Darin erweitert er die im Sachwalterurteil genannten Pflichten des Maklers um die Betreuungspflichten. Demnach gehöre es (auch) zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer, den Vertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem er ihn ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf sowie Verlängerungen hin überprüfe und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweise.
Der BGH stellt damit klar, dass die Pflichten des Versicherungsmaklers nicht mit der Vermittlung des Versicherungsvertrages enden. Das zeigt sich auch und gerade in der Pflicht des Versicherungsmaklers im Schadenfall. Hierzu führt der BGH aus, dass der Makler im Schadenfall die Verpflichtung habe, den Versicherungsnehmer sachkundig zu beraten, für sachgerechte Schadenanzeigen zu sorgen und bei der Abwicklung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrzunehmen. Keine Verpflichtung trifft den Makler dagegen bei der Schadenregulierung für den Versicherer. Diese Tätigkeit gehöre nicht zum gesetzlichen Leitbild des Versicherungsmaklers und stelle somit auch keine zulässige Nebenleistung im Sinne des § 5 RDG dar.
OLG Frankfurt zum Tätigwerden
Ein auf den ersten Blick gegensätzliches Urteil vertritt das OLG Frankfurt a. Main in seiner Entscheidung vom 08.06.2016. Es besagt, dass den Makler keine Pflicht zum ungefragten Tätigwerden treffe. Bei genauerer Betrachtung bestätigt aber das OLG die Auffassung des BGH: Den Versicherungsmakler träfen erheblich weiter gehende Pflichten als den bloßen Versicherungsvertreter. So sei er auch nach Vertragsschluss zu ständiger und unaufgeforderter Betreuung des Versicherungsvertrages verpflichtet. Denn der Versicherungsmakler sei Interessenvertreter des Versicherungsnehmers und daher zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines Kunden und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihm vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet. So solle er auch abgeschlossene Verträge auf erforderliche Anpassungen hin beobachten, die vereinbarte Versicherungssumme auf ihre Angemessenheit hin überprüfen und gegebenenfalls auf Änderungen des Versicherungsschutzes drängen.
Informationspflicht des Versicherungsnehmers
Obwohl das Gericht eine Betreuungspflicht also grundsätzlich angenommen hat, wollte es im konkreten Fall keine Pflichtverletzung aus Nicht-Tätigwerden erkennen. Es versucht zu differenzieren: Ergeben sich die Veränderungen aus der Sphäre des Versicherungsnehmers, etwa durch Neuanschaffungen, Werterhöhung oder neue Gefahrenpotenziale, so könne der Makler nur auf Initiative des Kunden tätig werden. Dem Versicherungsnehmer obliegt also die Pflicht, den Makler über Veränderungen zu informieren, damit dieser tätig werden muss.
Wann müssen Makler tätig werden?
Demgegenüber sei der Versicherungsmakler, so das Gericht, bei allen außerhalb der Sphäre des Versicherungsnehmers liegenden Veränderungen, etwa Änderung der Rechtslage oder Änderung der Geschäftslage in vergleichbaren Branchen, verpflichtet, von sich aus tätig werden. Nach Auffassung des Gerichts komme eine andere Differenzierung nicht in Betracht und sei auch aufgrund der bisher zu Pflichtverletzungen ergangenen Entscheidungen nicht veranlasst, da es sich entweder um eine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers bei der Anbahnung des Versicherungsvertrages gehandelt habe oder aber um eine Pflichtverletzung, bei der der Versicherungsmakler konkreten Anlass gehabt habe, den Versicherungsnehmer auf bestimmte Versäumnisse hinzuweisen.
Pflichten bei Betreuungsübernahme noch uneindeutig
Ob man allerdings – wie vorliegend das Gericht – die Betreuungsübernahme nicht als konkreten Anlass für eine Überprüfung betrachten muss, bleibt abzuwarten. Gerade bei einer Betreuungsübernahme dürfte im Hinblick auf den etwaigen Anpassungsbedarf genug Anlass gegeben sein, tätig zu werden. In jedem Fall wird man in der Betreuungsübernahme einen konkreten Anlass sehen müssen, wenn der Versicherungsnehmer auch um Überprüfung des Versicherungsschutzes bittet oder äußert, sich nicht sicher zu sein, ob der Versicherungsschutz ausreicht. Gleiches gilt, wenn grundlegende Risiken offensichtlich nicht oder nicht ausreichend abgesichert sind. Der Versicherungsmakler wird zur Vermeidung von Risiken gut daran tun, individuell die Pflichten zu prüfen. Gleiches gilt für die Frage, ob ein Jahresgespräch notwendig ist oder nicht. Wenngleich das OLG Frankfurt hier von keiner Verpflichtung des Maklers ausgeht, bleibt abzuwarten, ob dies Bestand haben wird.
Vorsicht bei Ausschluss von Pflichten im Maklervertrag
Aufgrund der weitgehenden Verpflichtungen wird der Makler stets bemüht sein, diese durch einen Maklervertrag einzuschränken oder ganz auszuschließen, um seine Haftung zu begrenzen. Vor dem Hintergrund, dass Maklerverträge in der Regel als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind, ist allerdings Vorsicht geboten. Die Wirksamkeit der jeweiligen Regelungen bemisst sich an den §§ 305 ff. BGB. Benachteiligt eine Regelung des Vertragspartners unangemessen, so ist sie unwirksam.
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